Aufhebung der Rezeptpflicht für die „Pille danach“: AKF-Stellungnahme

Aufhebung der Rezeptpflicht für die „Pille danach“: AKF-Stellungnahme

Zur Öffentlichen Anhörung des Ausschuss für Gesundheit des Deutschen Bundestags am 24. April 2013 zur Aufhebung der Rezeptpflicht für die Pille danach

Stellungnahme des Arbeitskreis Frauengesundheit in Medizin, Psychotherapie und Gesellschaft e.V. (AKF) zur Aufhebung der Rezeptpflicht für die „Pille danach“ auf der Basis von 1,5 mg Levonorgestrel

Der AKF setzt sich für eine Aufhebung der Rezeptpflicht für die „Pille danach“ mit 1,5 mg Levonorgestrel (LNG) ein

Die Rezeptpflicht stellt, gemessen an den geringen Risiken, die mit deren Anwendung verbunden sind, eine unnötige Hürde für eine rasche Anwendung dar. Durch diese Hürde kann sich der Zeitpunkt der Anwendung verzögern, was mit einem Verlust an Wirksamkeit verbunden ist. Das Medikament ist in vielen europäischen und außereuropäischen Ländern rezeptfrei zugänglich und zahlreiche Studien belegen die sichere Anwendung.

Gegen die Aufhebung der Rezeptpflicht positionieren sich in erster Linie gynäkologische Fachgesellschaften mit verschiedenen Argumenten, die aus der Sicht des AKF e. V. nicht haltbar sind. Auf einige dieser Argumente geht der AKF e.V. in dieser Stellungnahme ein.

Die Beschaffung eines Rezepts erschwert den Zugang zur Pille danach

Trotz gegenteiliger Behauptungen gynäkologischer Fachgesellschaften belegen Untersuchungen der pro familia sowie zahlreiche Alltagserfahrungen, dass die Beschaffung eines Rezepts nach wie vor oft eine große Hürde für die Beschaffung und Anwendung der Pille danach darstellt, die zu zeitlichen Verzögerungen der Anwendung und damit einem potentiellen Verlust der Wirkung oder sogar zu einer Unterlassung der Anwendung führen kann. Immer wieder berichten Frauen von Problemen, zeitnah einen Termin bei ihrer GynäkologIn zu
bekommen oder am Wochenende eine Notfallambulanz zu finden, wo das Rezept ausgestellt werden kann. Außerdem wird über privat zu zahlende Gebühren berichtet, die den Zugang behindern.

LNG ist auch nach der Zulassung von Ulipristalacetat (UPA) zur Notfallverhütung eines der Standardpräparate

Die gynäkologischen Fachverbände äußern, dass LNG zur postkoitalen Verhütung überholt sei und stattdessen UPA das Standardmedikament sei. Derzeit ist jedoch eine höhere Effektivität von Ulipristalacetat zur Notfallverhütung nicht eindeutig belegt. Die Datenlage ist für eine endgültige Bewertung nicht ausreichend und wird kontrovers beurteilt. Eine Arbeitsgruppe der Cochrane Collaboration kommt zum Beispiel zu dem Ergebnis, dass in den vorliegenden Vergleichsstudien Unterschiede in der Effektivität in Untergruppen mit unterschiedlichem Zeitintervall der Einnahme nicht signifikant sind und in der Gesamtheit der Daten nur knapp das Signifikanzniveau erreichen.

Dagegen gibt es offene Fragen zu UPA, die einer weiteren Bewertung bedürfen, so zum Beispiel die versehentliche Einnahme von UPA in der Frühschwangerschaft oder die Beeinträchtigung der Wirkung von regulären hormonalen Kontrazeptiva. Die aktuell vorliegenden Daten rechtfertigen keinesfalls die Änderung der kurzfristigen und grundlegenden Verordnungsempfehlungen. Der AKF hält eine solch schnelle Änderung der
Verordnungsempfehlungen für unseriös. Sie ist auch wegen der deutlich höheren Kosten nicht im Sinne der Anwenderinnen und des Gesundheitssystems (aktuelle Kosten in Deutschland: UPA-Präparat ellaOne® 34.66 Euro, LNG-Präparat PiDaNa®: 17,84 Euro).

Es existieren keine Risiken und Kontraindikationen bei der Anwendung von LNG zur Notfallverhütung

Die gynäkologischen Fachgesellschaften führen Risiken und Kontraindikationen an, die einer rezeptfreien Vergabe von LNG zur Notfallverhütung entgegenstehen. Dem stehen umfangreiche Studien entgegen, die belegen, dass das Thromboserisiko bei der Anwendung nicht erhöht ist und Nebenwirkungen wie Kopfschmerzen oder Übelkeit gering sind. Entsprechend internationaler Leitlinien (zum Beispiel der WHO) existieren keine Kontraindikationen
für die Anwendung von LNG zur Notfallverhütung. Auch die versehentliche Einnahme in der Frühschwangerschaft ist nicht mit Risiken für die Schwangerschaft verbunden.

Frauen können ohne ärztliche Beratung sehr gut entscheiden, ob sie die Pille danach brauchen und welches Präparat das richtige ist

Als weiteres Argument für die Rezeptpflicht wird angeführt, Frauen wüssten ohne ärztliche Beratung nicht, ob sie die Notfallpille wirklich brauchen. Se
hr häufig sei die Einnahme nicht nötig, da der ungeschützte Geschlechtsverkehr außerhalb der fruchtbaren Tage erfolgt sei. Studien belegen, dass mit den Angaben der Frau zum Beginn der letzten Regel und der Zykluslänge die fruchtbaren Tage in etwa einem Drittel der Fälle falsch bestimmt werden. Um die fruchtbaren Tage ausreichend genau zu bestimmen, wäre eine vaginale Ultraschalluntersuchung erforderlich.

Internationale Leitlinien raten daher im Zweifel zu einer Einnahme der Pille danach. Eine ärztliche Beratung bietet keine weitergehende Möglichkeit, die Notwendigkeit der Einnahme zu beurteilen, als eine Beratung durch ApothekerInnen. Internationale Studien belegen, dass Frauen auch ohne ärztliche Beratung entscheiden können, ob und wann sie die Pille danach benötigen. Auch die Entscheidung, ob UPA oder LNG eingenommen werden sollte, kann die Frau selbst anhand der nach dem ungeschützten Geschlechtsverkehr vergangenen Zeit treffen. Eine eindeutige Indikation für UPA besteht nur am 4. und 5. Tag danach. Im Übrigen belegen Studien, dass nur sehr wenige Frauen mehr als drei Tage nach einem ungeschützten Geschlechtsverkehr die Pille danach
einnehmen, und ein vereinfachter Zugang wird diese Zahl weiter verringern.

Abschließend ist zu betonen, dass Frauen auch nach der Aufhebung der Rezeptpflicht das Angebot einer frauenärztlichen Beratung und Untersuchung jederzeit nutzen können, wenn sie das wünschen, sei es um zu klären, ob sie die Pille danach tatsächlich brauchen, oder um die weitere Verhütung zu klären. Aber die Konsultation einer FrauenärztIn oder einer Notfallambulanz sollte nicht die Voraussetzung sein, die Pille danach anwenden zu können.

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