„Versorgungswissen und Versorgungswirklichkeiten“ – Abschlusspresseinformation anlässlich der 22. AKF-Jahrestagung 2015

„Versorgungswissen und Versorgungswirklichkeiten“ – Abschlusspresseinformation anlässlich der 22. AKF-Jahrestagung 2015

PRESSEINFORMATION 10. November 2015

Frauengesundheit: Rosige Zeiten? Wissen – Wirklichkeiten – Widerstände

22. Jahrestagung des Arbeitskreis Frauengesundheit in Medizin, Psychotherapie und Gesellschaft e.V. (AKF) vom 07. bis 08. November 2015 in Berlin

Am vergangenen Wochenende ging die 22. Jahrestagung des Arbeitskreises Frauengesundheit in Medizin, Psychotherapie und Gesellschaft e.V. (AKF) über das Thema „Versorgungswissen und Versorgungswirklichkeiten“ in Berlin zu Ende. Rund 100 Teilnehmerinnen beschäftigten sich mit den Einflüssen von Wissensbeständen der Frauenbewegung, der medizinischen Forschung sowie den Privatisierungstendenzen im Gesundheitswesen auf die gesundheitliche Versorgung von Frauen – aktuell auch geflüchteter Frauen und Kinder.

Frauenhäuser und Frauengesundheitszentren, wenn auch unterfinanziert, bessere Gesetze im Bereich sexualisierter Gewalt, geschlechterspezifische Forschung und Medizin: Das ist die positive Bilanz der Frauenbewegung und -forschung der letzten vierzig Jahre. Dass diese Forschung weiter intensiviert wird, die Ergebnisse gut aufbereitet zur Verfügung stehen (z.B. in Reviews) und noch mehr Eingang in die etablierten Institutionen z.B. der Qualitätssicherung medizinischer Versorgung finden, das bleibt eine Herausforderung, erklärte Dr. Dagmar Hertle (1. Vorsitzende des AKF) in ihrem Vortrag.

Die gesellschaftspolitischen Rahmenbedingungen für die Herstellung von Geschlechtlichkeit, die sich in Medizin und Gesundheitswissenschaften niederschlagen, thematisierte Prof. Alexandra Manzei in ihrem hochinteressanten Referat. Ihre Bilanz nach vierzig Jahren Geschlechterforschung: In den medizinischen Wissenschaften dominieren biologische Sichtweisen. In der sozialwissenschaftlichen Forschung sind die Geschlechterkategorien so unscharf geworden, dass es schwierig ist, überhaupt noch über Geschlechter sprechen zu können.

Die häusliche Pflege ist weiterhin eine Domäne von Frauen. Mit den europapolitischen Entscheidungen zur Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit hat sich ein grauer Arbeitsmarkt von ca. 300.000 meist osteuropäischen Pflegenden entwickelt, die hierzulande unter weitgehend unterbezahlten und rechtlosen Bedingungen beschäftigt sind. Dr. Margret Steffen vom Bundesvorstand der Dienstleistungsgewerkschaft ver.di stellte praktikable Gegenkonzepte vor, die diese Versorgungswirklichkeit für Frauen und Pflegebedürftige verbessern könnten. Allerdings nur, wenn der politische Wille dafür vorliegt oder erzwungen werden kann. Ulrike Baureithel führte vor, wie groß dieser Wille ist, wenn es um private Gesundheitsmärkte geht. Dort werden Frauen in eine „fremdbestimmte Medikalisierung“ entlassen und weiblich Gesundheitsinteressen marktförmig umgestaltet.

„Die gelungene und erkenntnisförderliche Tagung“, bilanzierte Dr. Dagmar Hertle, „zeigt uns, dass es für den AKF innerhalb und außerhalb der Institutionen noch viel zu tun gibt“. Das wurde einmal mehr beim Abschlusspodium deutlich. Frauenkompetenz in der Begegnung mit geflohenen Frauen – sei es aus einer häuslichen, gewalttätigen Umgebung oder anderen Ländern – gibt es in Frauenhäusern und -projekten schon lange. Hier ist mehr öffentliche, auch finanzielle Unterstützung gefragt. Und dazu eine unaufgeregten Analyse, die am Sonntagnachmittag mit den kundigen Frauen aus Universitäten und Bewegung zu erleben war: Die aktuellen Probleme der gesundheitlichen Versorgung geflohener Frauen und Kinder sind zu bewältigen. Bedrohlich sind vielmehr die rechtskonservativen Strömungen, die die Flüchtlinge derzeit zu instrumentalisieren versuchen. Politisch unbeantwortet sind die seit langem wachsenden Ungerechtigkeiten in Deutschland, in Europa und global.


Der Arbeitskreis Frauengesundheit in Medizin, Psychotherapie und Gesellschaft e.V. (AKF) ist der größte unabhängige Zusammenschluss von Frauengesundheitsorganisationen im deutschsprachigen Raum. Der AKF organisiert Hebammen, Ärztinnen, Psychologinnen und Pädagoginnen, Heilpraktikerinnen, in den Pflegeberufen Tätige, Selbsthilfe und Gesundheitswissenschaftlerinnen, vereint Berufsverbände und Organisationen, Frauenberatungsstellen, Frauengesundheitszentren und Selbsthilfeverbände und vertritt die Interessen von Frauen als Patientinnen, als Expertinnen und als Bürgerinnen. Der AKF ist anerkannt gemeinnützig und besteht seit 1993.


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Presseeinladung 22. AKF-Jahrestagung

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